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Freitag, November 30, 2007

Sozialistische Alltagspsalme


Es war ja nun so: Das Leben in der Zone war im Wesentlichen trist und grau. Etwas Abwechslung brachten die allgegenwärtigen Botschaften - "Plaste und Elaste aus Schkopau" oder, so wohl das berühmteste Sprüchlein: "Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen". Bei Lichte besehen hatten diese Botschaften im Sozialismus die Funktion von Psalmen: Dort wo die Partei der Hirte war, brauchte es keinen anderen Herrn, der die Schafe hütete. Gestern bin ich beim Packen für den anstehenden Umzug wieder auf so einen Psalm gestoßen: Tief unter einem Regal hatte ich noch einen fast vergessenen Schatz gelagert, einen Gamat 3000. Noch original verpackt und brandneu. Auf dem Karton steht: "Gamat Gasgeräte heizen sicher und temperaturgerecht".
Damit ist wohl alles Wesentliche gesagt - und das auf eine poetische Weise. Das ist wohl mit das Übelste am Kapitalismus: dass die Werbebotschaften platt und durchschaubar sind - "sicher und temperaturgerecht", das hingegen ist ehrlich und verspricht Geborgenheit. Kein: "Energie für immer - und für alle Zeiten", oder wie die Botschaften heute heißen!

Sonntag, November 25, 2007

No Stress


Die Fassadensanierung am Proskauer Straßenhaus hat nun begonnen. Aber es ist eine sehr friedrichshaineske Baustelle:
- Die Bauarbeiten beginnen erst kurz nach halb neun.
- Das Baugerüst ist rot und schwarz gestrichen.
- Einer der Bauarbeiter bringt seinen Hund mit auf die Baustelle und
- er trägt eine Jacke mit der Aufschrift "No Stress".
Mensch und Tier mit Freude am Arbeitsplatz

Donnerstag, November 22, 2007

Alles muss raus

Propaganda: Das soll eine schicke Küche sein?
Die Entscheidung ist gefallen. Wir ziehen um. Jetzt, wo die Fassadensanierung beginnt, ist die Unterzeile dieses Blogs - "aus dem vorletzten unsanierten Haus der Straße" - praktisch nichts mehr wert. Schrott. Eine Lüge. Einfach Quatsch.
Nein, wir ziehen unwiderruflich aus.
Zeit für eine Bestandsaufnahme: Was muss alles mit? Oh Gott! Fangen wir in der Küche an:
Heute las ich in der "Berliner Zeitung" von gestern, dass Einbauküchen "es hierzulande im Durchschnitt auf ein respektables Alter von 12 bis 18 Jahren" bringen. Das will die "Arbeitsgemeinschaft die Moderne Küche" herausgefunden haben und warnt eindringlich: "Derartige Antiquitäten sind in technischer, ergonomischer und vor allem sicherheitstechnischer Hinsicht restlos veraltet".
Nun gut: abgesehen davon, dass die Installation einer Einbauküche an sich schon als Fehlleistung einzustufen ist, kann ich diese Meinung nicht nachvollziehen: Warum soll eine Küche von 1995 heute ein Sicherheitsrisiko sein?
In unserer Küche liegen sogar noch Zeitungen herum, die älter sind! Die technische Ausstattung ist fast ausnahmslos älter - sieht man von einigen selbst gezimmerten Schränken ab.
Stuhl, Tisch und Boden
Der Stuhl stammt aus dem Elternhaus eines Freundes, einer Bäckerei in Belzig, die gegen Ende des letzten Jahrhunderts aufgelöst wurde. Den Tisch habe ich von einem mittlerweile verstorbenen Freund geschenkt bekommen, nachdem er seine Freundin verlassen hatte und die gemeinsame Wohnung aufgelöst wurde. Den Boden haben wir abgeschliffen. Er kommt nicht mit.
Ebenso der Kühlschrank: Auch der Bosch-3-Sterne-"automatic"-Kühlschrank bleibt hier. Er steht mindestens zehn Jahre bei uns. Ich habe ihn von einem Freund, der ihn bereits ausgemustert und in den Keller gestellt hatte. Ich werde ihn wohl wieder in den Keller stellen?
Dann ist da der Tisch von meiner Oma mit den Besteckfächern. Er stand auch schon einmal im Keller. Ich habe ihn aufgearbeitet und die Tischplatte orange gebeizt.
Außerdem habe ich ihn in den letzten fünf Jahren mindestens viermal gründlich abgeschruppt. Es steckt also viel Arbeit drin.
Hängeschrank
Den Hängeschrank habe ich vor etwa drei Jahren aus teilweise alten Teilen zusammengebaut, die ich in einem Stalinallee-Haus gefunden hatte. Von der Beize des Tisches war noch etwas übrig - also ist auch der Schrank jetzt teilweise orange. Bestückt ist er stilecht mit DDR-Geschirr.
Der Herd dagegen ist ein echter Youngster: Als wir vor zehn Jahren in die Proskauer Straßenwohnung eingezogen sind, stand in der Küche ein vollkommen durchgerosteter Gasherd mit Kohleofen. Der war an sich schön, denn dadurch konnte die Küche geheizt werden. Aber die Kombination aus undichter Gasleitung und durchgerostetem Kohlenofen-Brennraum erschien selbt der behäbigen Wohnungsgesellschaft WBF, die das Haus damals verwaltete, als zu brisant. So wurde der Herd ausgetauscht - obwohl Ofen-Herdkombinationen heute wieder sehr "in" sind und in Küchenstudios im Rahmen der Nostalgiewelle für viel Geld feilgeboten werden.
Sicherheitstechnisch ist bei uns jetzt aber zumindest alles paletti. Und was der Kühlschrank vielleicht an Energie mehr verbraucht, wird durch die fehlende Heizung und den fehlenden Boiler wieder eingespart - anders funktioniert das System der modernen Emissionszertifikate auch nicht!
Das Proskauer Straßenhaus ist also energie- und klimapolitisch voll auf der Höhe der Zeit.
Energieeffizient und gut für den Teint: Nur Kaltwasser in der Küche

Dienstag, November 20, 2007

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!


Es gibt Leute, die haben einfach ein Imageproblem. Nein, ich meine jetzt nicht Hartmut Mehdorn.
Walter Ulbricht ist so ein Mann. Nun muss man den Namen zwar mittlerweile erklären: Er war der Vorgänger von Erich Honecker. Jüngst war im "Spiegel" zu lesen, dass viele der heute 18-Jährigen nicht einmal mehr Erich Honecker kennen - doch ich hoffe, dass die geneigten Leser/innen jetzt wissen, worum es geht: um die DDR.
Walter Ulbricht hat, wenn sein Name heute zur Sprache kommt, einfach eine schlechte Presse.
Das liegt vielleicht an seinem berühmten Satz aus dem Juni 1961: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", dem am 13. August 1961 der Mauerbau folgte.
Andererseits sind gebrochene Versprechen für Politiker nicht gerade außergewöhlich. Und in diesem Fall kann dem Mann nicht einmal unterstellt werden, dass er nur eine Wahl gewinnen wollte - 99 Prozent Zustimmung waren ihm auch ohne derlei Mätzchen sicher.
Vielleicht hätte er damals besser schweigen sollen oder die Sache dementieren oder so rechtfertigen, wie die Japaner es heutzutage mit ihrem unpopulären Walfang tun: "Aus rein wissenschaftlichen Gründen haben wir die Absicht, eine Mauer zu errichten".
Egal, was hilft alles "hätte", "könnte", "würde"? Die Sache wurde verpatzt, der Ruf des einstigen DDR-Chefs ist ruiniert. Da wundert es mich, dass heute Andere genau das Gleiche tun, ohne dass sich irgendjemand darüber aufregt: Im Tiergarten, vor dem Brandenburger Tor und gegenüber der neuen US-Botschaft, fast genau auf dem Verlauf der alten Mauer - nur ein paar Meter nach Westberlin verlegt - wird derzeit eine neue Mauer errichtet. Diesmal sogar mit Schießscharten. Kaum jemand macht ein großes Aufhebens darum. So hätte der Ulbricht das durchziehen sollen!

Sonntag, November 18, 2007

Dumme wissen nichts von ihrer Dummheit

Ja, ich bekenne mich dazu, ein Zeitungsschnipsel-Sammler zu sein.
Eine ziemlich nervige Angewohnheit - ständig finde ich beim Aufräumen etwas, was ich vor Jahren mal Bemerkenswert fand, zum Beispiel diese Meldung aus dem Tagesspiegel vom 14. März 2000:

Dumme wissen nichts von ihrer Dummheit:
Weinheim (KNA). Dumme wissen nicht, dass sie dumm sind. Das ist laut "Psychologie Heute" das Ergebnis von vier Studien zweier US-Psychologen. Wer sich dumm anstelle, über zu wenig erfolgreiche Strategien verfüge, trage eine doppelte Bürde: Seine Inkompetenz und "schützende Ignoranz" verleite nicht nur zu falschen Schlüssen und Entscheidungen, sie verhindere auch, dass er seine Dummheit erkennt.

Schön, nun war das Sammeln des Schnipsels doch zu etwas nütze - und ich kann ihn wegschmeissen.

Mittwoch, November 14, 2007

Bau auf, bau auf!

Beim Blick aus dem dreckigen Küchenfenster sehen meine unausgeschlafenen Augen heute Morgen Seltsames: Bauarbeiter der Hauptstadt bauen im Hof ein Gerüst auf!
Das ist kaum zu fassen - nach Jahrzehnten der Vernachlässigung! Ich glaube, es ist Zeit, auszuziehen.