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Mittwoch, Juni 22, 2011

Fête de la Musique 2011

Ach ja, schöner als Weihnachten ist eigentlich nur die Fête de la Musique im Friedrichshain: Immer verlässlich am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres; Alle sind fröhlich, Alle holen ihre Blockflöte heraus oder sonst ein Instrument und machen auf der Straße Musik. So wie dieser Tag mittlerweile im Friedrichshain begangen wird, habe ich mir früher immer New Orleans vorgestellt - naja, so ähnlich.
Heute beginnen wir unseren ganz persönlichen Umzug im X-Beliebig. Dort wird ein Arbeiter-Theaterstück gegeben. Streng genommen ist die Fête de la Musique hier nicht der Anlass. Aber mein Freund Micha spielt mit. Außerdem ist die ganze Theaterkompanie eher von der Ästhetik der zwanziger Jahre inspiriert, wie ein älterer Zuschauer gleich wissend anmerkt. Und damals gab es bekanntlich noch keine Fête de la Musique...
Nächste Station: Das Abgedreht; hier geht es gewohnt punkig zu. Schön. In der Boxhagener Straße gibt es es eine kleine Bühne vor dem Café 23. Ein kleines Mädchen darf die Triangel schlagen, die Mutter singt ganz betörend. Und reizend.
Humpa in der Niederbarnimstraße
Eine Ecke weiter spielt in der Niederbarnimstraße eine Humpa-Band; handgemachte Musik, Riesen-Publikum. Respekt.
Kultbühne auf dem Boxhagener Platz
Die Bühne des Feuermelders auf dem Boxi ist weit und breit die Lauteste. Zwei Punks liegen knutschend unter einem Busch. Ihr alter Hund bellt eifersüchtig dazwischen. Als wir kommen, ist Umbaupause, alles alte Bekannte, Bier, Urin, Kult!
Ian Late - nicht als Letzter an der Kopernikusstaße
Die Entdeckung des Tages ist jedoch Ian Late, ein Gitarrensänger, der auf dem kleinen unbenannten Platz zwischen Simplon-, Wühlisch- und Kopernikusstraße seine kleine Bühne aufgebaut hat. Gerade, als ein Polieiauto vorbei fährt, klampft er ein Lied, das "Fuck You" heißt. Aber er tut es so sanft und freundlich, dass auch die Beamten wohlwollend aus dem Fenster lächeln.
Kopfschütteln löst bei mir allerdings später die im Internet veröffentlichte Biografie des jungen Künstlers aus: "Ian Late’s musikalische Reise begann in seiner späten Jugend, als seine Schwester eine Gitarre aus Spanien mitbrachte", heißt es da. Dabei sieht der Junge so aus, als ob er gerade erst aus der Pubertät heraus ist. Undenkbar, dass er seine "späte Jugend" schon hinter sich gebracht haben soll... "Seine Haupteinflüsse sind Bob Dylan, The Beatles, Jeff Buckley und Damien Rice", heißt es weiter. Aber warum sieht er dann so aus und gebärdet sich wie Michael Stipe?
"Während seine Texte viele Themen behandeln, vereint sie doch eine sensible, kritische und gesellschaftlich-soziale Herangehensweise an das Leben. Sie erzählen persönliche Geschichten, wenden sich aber auch gegen die Manipulation einer Welt, die von Schnelllebigkeit, materiellen Werten und Oberflächlichkeiten dominiert wird." Na sowas: Das ist ja ganz schön kritisch. Ich glaube, er ist da einer ganz großen Sache auf der Spur...
Schließlich heißt es noch: "Schwankend zwischen den beiden Polen Sicherheit und Risiko, strebt der Musiker sowohl nach Kontrolle als auch nach der Freiheit und dem
Unbekannten." Ich bin mir nicht ganz sicher, glaub aber, dass die beiden genannten Polen Jaruzelski und Popiełuszko hießen, jedenfalls klingt dies eher nach polnischen Namen.
Augenzwinkernd ist offenbar der letzte Satz des flotten Internet-Schreiberlings gemeint, der das Porträt von Ian Late verfasst hat: "Ein Mann, der stets auf der Suche ist und immer verlässlich, zehn Minuten zu spät." Letzteres hatte auch Birgit schon vermutet, als sie den Namen Late hörte...

Beschließen tun wir den Abend in diesem Jahr wieder einmal im Cassiopeia, wo es knackevoll ist und gut getanzt wird und man trotzdem realistisch bleibt: "Ficken ist heute nicht umsonst", ermahnt der Rapper Max´Well von Smith & Smart. Will ich doch meinen.