Keine Panik auf der Titanic - alles klar auf der Costa Concordia!
Der Schiffbrüchigenlook boomt: Schon in den letzten Monaten dieses lauen Winters waren in der Uni immer wieder junge Männer in kurzen Hosen zu sehen. In der letzten Woche fiel mir ein Student auf, den ich zuerst für einen Überlebenden der Costa Concardia hielt, da er keine Schuhe an hatte. Gestern sah ich ihn wieder zwischen S-Bahn und Technischer Universität barfuß laufen. Es war also offenbar keine einmalige Aktion, sondern vielleicht sogar ein avantgardistischer Beitrag zur Fashion-Week. Das Bild zeigt ihn vor dem Ernst-Reuter-Haus: "Schaut auf diese Stadt!"
Bellevue
Bei dem derzeitigen schlechten Wetter fahre ich manchmal mit der Bahn zur Arbeit statt mit dem Rad. Eine eher unbedeutende Station zwischen Hauptbahnhof und Zoo ist "Bellevue". Dort steigen nur wenige Menschen ein oder aus. Trotzdem mochte ich den Bahnhof früher eigentlich, denn als in den neunziger Jahren im damaligen SFB-Nachtprogramm Echtzeit-Mitfahrten in Führerständen der S-Bahn gezeigt wurden, sagte der Fahrer immer so schön "Bellewü", wobei er jeden Vokal betonte, auch den mittleren.
Heute ist das anders, denn die Ansage kommt vom Band und oft, wenn in diesen Tagen der Bahnhof angefahren wird, geht in den Zügen die Diskussion um den Wulff los. Die Touristen sind dabei am schlimmsten, obwohl sie doch Urlaub haben.
Gestern beteuerte zum Beispiel eine Frau mit unverkennbar norddeutschem Dialekt gegenüber ihrer Freundin - und quer durch den halben Wagen -, wie leid ihr die armen Sternsinger tun würden, die heute beim Wulff vor wahrscheinlich hunderten lauernder Journalisten singen müssen.
Meine Einschätzung ist da ganz anders: Die Gören sind doch wahrscheinlich ganz scharf drauf! Wer als Halbwüchsiger zum Herrn Bundespräsidenten geht, um harmlose Liedchen zu singen und eine Tür mit abwaschbarer Kreide zu bemalen, will, dass das abends in der Tagesschau kommt und am nächsten Tag in möglichst vielen Zeitungen steht. Einen anderen Grund gibt es doch nicht. Schließlich ist das nicht einmal in Ansätzen kriminell und die Kids haben also nichts zu befürchten. Viel schlimmer wäre es für sie, wenn da keine Journalisten wären.
Man soll da die Schüchternheit der Berliner Jugend nicht überschätzen. Vor der Rütli-Schule standen zeitweise auch hunderte Journalisten, ohne dass die Insassen damit überfordert waren.
Es gibt sehr wohl dumme Fragen
Dass die oft gehörte Behauptung, es gäbe keine dummen Fragen, selbst eine dumme Phrase ist, wurde mir heute wieder einmal beim Besuch des neuen koreanischen Restaurants "
Manna" in der Niederbarnimstraße deutlich:
Ein westdeutsches - oder, was schlimmer wäre ;-), gar südwestdeutsches Pärchen erkundigte sich nach einem Gericht auf der Tageskarte: Was denn koreanische Pfannkuchen seien? Unser Lieblingskellner (Birgit mag ihn, weil er jung ist und gut aussieht und ich finde ihn amüsant, weil er ungeschickt ist und jedes Mal irgendwas herunterschmeisst) bemühte sich, den Sachverhalt in der für ihn fremden deutschen Sprache so gut es ging zu erklären. Ja, und dann kam die Nachfrage des Gastes, ob es eher so Pfannkuchen seien, wie man sie in Westdeutschland kenne oder ob es "Berliner" seien.
Mag ja sein, dass der Mann an Silvester unfreiwillig die zweifelhafte Bekanntschaft eines mit Bautzener Senf gefüllten "Berliner" Pfannkuchen machen musste und diesmal auf "Nummer sicher" gehen wollte. Aber ist nicht die Vorstellung absurd, dass in einem Korea-Restaurant mit Marmelade oder Pflaumenmus gefüllte Pfannkuchen als Hauptgericht serviert werden?
Der Kellner jedenfalls ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, erläuterte den Fall nochmals und lieferte ansonsten weiterhin seine lustigen Einlagen. Heute zum Beispiel war es ihm ein Spaß, regelmäßig beim Bezahlen seinen halben Münzschatz aus dem Portemonnaie über Tische und Boden zu verschütten. Von uns ab es dafür einen Extra-Euro Trinkgeld.