Die Brotschneidemaschine verhält sich zum Brot wie das Internet zur Privatheit
Der beste Beweis, dass der Kommunismus in der DDR noch nicht vollständig realisiert war, steht seit gestern bei uns in der Küche: Eine alte Brotschneidemaschine aus Ost-Zeiten.
"Kommunismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung", hieß es einst. Und genau mit der Elektrifizierung hapert es noch bei dieser Maschine, die ich vor einigen Jahren vor dem Schrott gerettet und nun endlich restauriert habe.
Ich empfinde es ja als Vorzug, dass kein hässlicher Elektromotor mit umständlichem Kabel an dem Ding ist. Kulturkritiker mögen die Erfindung der Brotschneidemaschine an sich schon als Zeichen des Niedergangs der Menschheit tadeln: Otto Ulrich beispielsweise, den ich als Student etwa zu der Zeit, als ich die Maschine fand, auf zahlreichen Seminaren erlebt habe und den ich erst vor einigen Monaten wieder einmal traf, beharrt darauf, dass die wunderbare Eleganz, mit der die geübte menschliche Hand Brot mit einem Messer sauber in schmale Scheiben zu schneiden vermag, von keiner Maschine übertroffen werden kann - sei es, weil die Maschine mehr Platz beansprucht, unsauberer arbeitet, mehr Lärm macht oder komplizierter zu reinigen ist als ein Messer.
Im übrigen - das pflegt Otto Ulrich bei solchen Diskussionen stets hinzuzufügen - haben moderne Wissenschaft und Technik im Wesentlichen drei Folgen gezeitigt: Die Qualität von Produkten verringert, die Leistungen im Bereich der Künste und der Kultur verflacht und die Folgen des Krieges verschärft.
Leider finden sich aufgrund dieser Haltung nicht allzu viele seiner an sich äußerst lesenswerten Texte im Internet. Nur einer war auffindbar, der mit dem denkwürdigen Satz beginnt: "Das Internet verhält sich zur Privatheit der Bürger wie einst das Gewehr zum Büffel."
Ich hingegen denke, dass so eine handbetriebene Brotschneidemaschine einen gerade noch hinnehmbaren Kompromiss darstellt. Insbesondere, wenn man nun schon in einem Arbeiterpalast mit "Müllschlucker" und Zentralheizung wohnt.
1 Comments:
Ich wäre fast auch geneigt zu behaupten, dass so eine manuelle Maschine gesünder ist, als ein unmodernes Gerät wie beispielsweise ein Messer. Im Haushalt passieren die meisten Unfälle - aber ich nehm' an, dass Unfälle oder absichtliche Unfälle (Verbrechen) eher mit Messern als mit manuellen Brotschneidemaschinen passieren.
Ich kann mich da aber auch irren....
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