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Mittwoch, September 17, 2008

"Mediaspree versinkt in der Immobilienkrise - Baupläne vor dem Aus"

Keine Frage: In Friedrichshain und Kreuzberg würde eine solche Nachricht viele Menschen in Euphorie versetzen. Würden sie die Neuigkeit aber gleich kritiklos glauben?
Eine Meldung im Internet über die angebliche Insolvenz von United Airlines hat die Aktien der Fluggesellschaft vor einigen Tagen zwischenzeitlich um über 75 Prozent abstürzen lassen. Nahezu automatisch, wie sich herausgestellt hat.
Und das ging offenbar so: Die Sun Sentinel, eine Provinzeitung aus Florida mit schmalem Wirtschaftsteil und vorwiegend bunten Themen, besitzt eine offenbar wenig frequentierte Internetseite, von der aus allerdings das Online-Archiv der Chicago Tribune abrufbar ist. Diese hatte vor sechs Jahren über den damaligen Konkurs von United Airlines berichtet.
Am Sonnabend, den 6. September verirrte sich gegen 1:00 Uhr nachts ein einsamer Surfer auf diesen Artikel aus dem Archiv. Da die meisten Besucher/innen der Sun-Sentinel-Homepage zu dieser Uhrzeit eher an anderen Themen interessiert waren (etwa an den Models der "Surf-Expo 2008"), führte schon der einmalige Klick dazu, dass der sechs Jahre alte Artikel als "most viewed" im Bereich "Business" klassifiziert wurde.
Um 1:36 Uhr durchforstete ein Google-Suchprogramm die Seiten der Sun Sentinel und stieß auf den Artikel. Fortan war er über Google-News abrufbar - und dort versehen mit dem aktuellen Datum: 6. September 2008. Wie dies geschehen konnte, ist Gegenstand eines Streits zwischen Google und der Chicago Tribune: Die Zeitung behauptet, der Artikel hätte kein Datum getragen und Google hätte merken müssen, dass es außer des einmaligen Zugriffs keine weitere Aktivität gab. Erst
die Auflistung unter Google-News führte dazu, dass der Artikel plötzlich oft aufgerufen wurde und den Status "popular story" behielt.
Google verteidigt sich damit, dass das Suchprogramm wegen des fehlenden Datums eben das aktuelle Datum zugefügt habe.
Bis hierhin entwickelten sich die Dinge vollkommen automatisch - abgesehen von dem auslösenden Ereignis, dem Klick in das Archiv. Nun kam jedoch ein Mensch ins Spiel: Ein fleißiger Mitarbeiter eines Investmentdienstleisters las die Story bei Google News und arbeitete sie sogleich in einen Newsletter des Finanzdienstleisters Bloomberg ein. So kam die Nachricht an die Börse und führte - wiederum unter Mitwirkung von Computerprogrammen - zum Absturz der Aktie.
United Airlines reagierte pikiert und beschuldigte Google. Kein Wunder, dass die sonst coolen Airline-Manager aufgebracht waren: Ihre Aktie fiel auf drei Dollar - dann wurde der Handel ausgesetzt.
Ach - wenn selbsterfüllende Prophezeiungen doch immer so gut funktionieren würden! Ich wüsste schon ein paar Schlagzeilen...