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Donnerstag, August 28, 2008

Berlin on Bike

Ist der Hintern noch so breit - er passt doch auf ein Rental Bike!
Es ist in diesem Sommer vermehrt zu beobachten: Ganze Gruppen ungelenker Touristen machen auf Leihrädern die Stadt unsicher: Ob im Friedrichshainer Südkiez, im Prenzlauer Berg, Kreuzberg oder Tiergarten - überall sind plötzlich Leihräder zu sehen. Heute begegneten mir auf meinem Weg zur Arbeit gleich zwei riesige geführte Gruppen, eine Steigerungsform der Leihradtouristik. Die erste Gruppe mäanderte durch die an sich riesig breite Karl-Marx-Allee, die zweite strebte gen Alexanderplatz. Fußgängern blieb nur die Flucht in die Hauseingänge; andere Fahrradfahrer hatten keine Chance, vorbei zu kommen; Autofahrer waren wahrscheinlich vom Verkehrsfunk gewarnt worden und hatten großteils die betroffenen Gebiete weiträumig umfahren. Die Stadtführer dieser Gruppen tragen zu allem Überfluss noch Warnwesten, ein modisches No-Go, dass zuletzt sonst bei der Love-Parade 1996 im Stadtbild zu sehen war. Als ob man diese Gruppen übersehen könnte! Warum also die Westen?
Aber auch, wenn sie ungeführt unterwegs sind, stellen Leihradfahrer ein unkalkulierbares Verkehrsrisiko dar. Unter den Linden erwischte mich beim Überholen heute fast ein italíenischer Tourist mit einem weit ausholenden Schlag seiner linken Hand, in der er einen Stadtplan hielt, den er wohl seiner hinter ihm fahrenden Frau zeigen wollte.
Gestern wäre vor meinen Augen fast eine vierköpfige Familie beim Überqueren einer vierspurigen Straße ins Jenseits befördert worden. Der vorausfahrende Vater hatte die rote Ampel schlicht nicht bemerkt. Interessant war immerhin, dass die Autofahrer so verduzt waren, dass sie brav bremsten, ohne zu hupen!
Abgesehen von Beeinträchtigungen des Verkehrs, die an sich noch hinzunehmen wären, verändern die Radtouristen doch auch die Atmosphäre an bestimmten Stellen der Stadt. Zum Beispiel in der beliebten Cruising-Zone der Schwulen im Tiergarten. Mein Weg zur Arbeit führt dort vorbei. Normalerweise streifen an dieser Stelle kontaktsuchende Männer fast jeder Altersstufe durch die Büsche. Eigentlich fällt das kaum auf - gut: Uneingeweihte würden sich vielleícht wundern, warum dort so viele Männer auf den Brücken und Bänken herumlungern - die können doch nicht alle nur an der Botanik interessiert sein?
Vor einiger Zeit jedoch wunderte ich mich: Viele Menschen mit Fahrrädern, an denen Schilder befestigt waren, standen dort an der beliebten Brücke. "Hey - vielleicht jenseits des CSD doch wieder einmal eine politische Homo-Demo?", fragte ich mich. Auf den Schildern stand der Slogan: "Take a Ride". Ich hielt das im ersten Moment natürlich für eine politische Verlautbarung. Dann sah ich, dass auch Frauen und Kinder unter der Gruppe waren. Es war eine Touri-Gruppe mit Leih-Rädern. Sie hatten den beliebten Treffpunkt okkupiert. Und auf den Schildern stand bei näherer Betrachtung auch "Take a Bike". Naja - also mich wird man vorerst wohl eher nicht auf so einem Rad sehen.