Pseudo-Sozialbauten
Gentrifizierung - Verdrängung von alten Menschen und Menschen mit niedrigen Einkommen - ist in aller Munde. In Friedrichshain sind derzeit sehr viele Mietshäuser von Umwandlung in Eigentum betroffen oder Gegenstand von Spekulationsgeschäften. Kaum eine Straße, in der nicht gleich mehrere Häuser eingerüstet sind. Dort treffen polnische, ungarische oder tschechische Kleinunternehmer - sprich: Bauarbeiter - auf westdeutsche Neubesitzer - ein mehr oder weniger fröhliches East meets West. Es gibt allerdings auch immer wieder Medienberichte über Wohnungsbauprojekte für Menschen mit geringem Einkommen in Friedrichshain und der nahen Umgebung:Das "Mietermagazin" des Berliner Mietervereins stellte in der Ausgabe vom Mai 2012 unter dem Titel "Bürohaus-Umbau in Lichtenberg - Aprilscherz Discount-Wohnen" ein Bauvorhaben an der Frankfurter Allee 216 in Lichtenberg vor. Ein alter - früher als Bürohaus genutzter - Plattenbau wurde dort von der "Gesellschaft für Immobilien-Projektentwicklung und Unternehmensberatung" (GPU) aus dem Westerwald zum Wohnhaus umgebaut. Für 15 Millionen Euro wurden - so heisst es - 438 kleine Einzel-Apartments in den tristen Bau eingebaut, der zwischen der sechsspurigen Frankfurter Allee und den Bahngleisen am Bahnhof Lichtenberg liegt. Die Mieten betragen laut Mietermagazin zwischen knapp 12 und bis zu über 14 Euro pro Quadratmeter. Der Blick auf die Tankstelle vor dem Haus ist umsonst...
Das Haus hat eine bewegte Geschichte: Nach einer sehr langen Bauzeit, die von Pannen geprägt war, wurde es Ende der achtziger Jahre fertig gestellt und zunächst von der Reichsbahn als EDV-Zentrum, später von der Deutschen Bahn genutzt.Über zehn Jahre stand es leer und sollte abgerissen werden. 2009 erwarb es die GPU, die auf dem Gelände ein "Fachmärkte-Zentrum" errichten wollte. Noch im März 2010 berichtete die "Berliner Morgenpost" über den geplanten Baustart. Dann wurde jedoch die Entscheidung für den Umbau des tristen Elfgeschossers zu einem Wohnhaus für "Studenten und Singels" getroffen, die "nicht viel Geld fürs Wohnen ausgeben können".
Für eine ähnliche Zielgruppe soll demnächst ein Haus am äußersten östlichen Rand Friedrichshains vermarktet werden: In der Pettenkofer Straße 31 feierte kürzlich die Sanus AG Richtfest für ein "Studentenhaus". Die "Berliner Woche" vom 30. Mai 2012 berichtet von 22-50 Quadratmeter großen und möblierten Apartments. Der Mietpreis soll bei erstaunlichen zwölf bis 16 Euro liegen. Als besondere Highlights des Gebäudes werden ein Fahrradraum und ein "High-Speed Internetanschluss" gepriesen.
Dabei haben Studierende in Berlin die Möglichkeit, für gut die Hälte der Quadratmetermiete in Wohnungen des Studentenwerks unterzukommen. Acht bis neun Euro pro Quadratmeter kosten Apartments in den Wohnheimen Victor Jara oder Spandauer Damm. Standardmäßig gehören hier ein Party- und ein Waschmaschinenraum, Sportanlagen wie Beachvolley- oder Basketballfelder, Tischtennisplatten oder ein Fitnessraum zur Ausstattung. Zwar liegen die Häuser nicht in ganz so hippen Stadtteilen, aber dafür auch nicht in unmittelbarer Nähe von Bahnanlagen. In beiden Häusern sind Wohnungen verfügbar.Bleibt die Frage, für wen die angeblichen "Discount-Wohnungen" gebaut wurden?
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