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Mittwoch, Dezember 08, 2010

Auf der U5

Heute vormittag, U-Bahnhof Frankfurter Allee: Ein Typ kommt runter auf den Bahnsteig. Kurze Zeit später klingelt sein Telefon. Soweit alles normal. Dann spricht er ungewöhnlich laut in das Gerät: "Naja, emotional bin ich etwas belastet derzeit." Etwa drei Dutzend Ohren auf dem Bahnsteig stellen auf Empfang (die anderen Anwesenden vesuchen verzweifelt, mit dem Fahrkarten-Automaten zu kommunizieren) - und hören: "Ja, klar haben wir geredet. Aber es ist halt so", der Typ schlendert mit seinen ausgebeulten Jeans über den Bahnsteig, "naja, ziemlich verfahren. Schwer da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen". "Gemeinsamer Nenner", denke ich - ein Intellektueller! Morgens gab es im Radio eine Vorab-Meldung über die Pisa-Ergebnisse. In Mathe sah es wieder eher durchschnittlich aus. "Nenner" ist unter diesen Umständen schon eher ein Fachwort.
"Ja, sie ist jetzt erst einmal zu einer Freundin gezogen". "Mann, es ist aus", denke ich. "Vergiss es! Die kommt nicht wieder", will ich über den Bahnsteig rufen. Nur: Solche Beziehungsdinge lernt man leider nicht bei Pisa.
Abends höre ich erneut Radio. Die Sprecherin von Radio 1 hat ausgerechnet da einen Holperer, als es um die Pisa-Ergebnisse im Lesen geht. Ihr scheint es selbst peinlich zu sein und schaltet sich ab. Der "Mikro-Aus"-Knopf bleibt ungewöhnlich lange gedrückt. Dann wieder ein Satz. Ansatzweise Gekicher. Wieder Mikro Aus. Nächster Satz, nahezu erstickend im Gekicher. Mikro Aus. Schwere Atmung, Nächster Satz...
Das erinnert mich an einen Besuch in einem Radio-Studio. Der Sender war frisch auf Sendung gegangen. Party im ganzen Gebäude. Im "News-Room" wurde gesendet. Die neue Sprecherin verlas eine Meldung, in der der damalige Ministerpräsident Stolpe vorkam: "Der Ministerpräsident kam mit seinem Schwanz..." - Pause - man hörte den laut auflachenden Toningenieur plötzlich durch die eigentlich schalldichte Scheibe, dann Stille, Gehaspel: "äh - von Mitarbeitern zu der Pressekonferenz..."
Freiheit für Julien Assange!