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Sonntag, Juni 15, 2014

"Lange Nacht der Rigaer Straße"

In Berlin gibt es die "Lange Nacht der Museen", die "Lange Nacht der Wissenschaften", die "Lange Nacht der Industrie" - ja sogar eine "Lange Nacht des Tauchens" wird seit 2006 begangen. Überraschen konnte es also nicht, dass pünktlich zum Mittsommer nun für gestern erstmals eine "Lange Nacht der Rigaer Straße" angekündigt wurde.
Der Verlauf der im Internet propagierten Veranstaltung wich - obwohl es an interessiertem Publikum durchaus nicht mangelte - allerdings von dem der vorgenannten anderen Nächte ab, die allgemein als bewährte Formate gelten. Laut Polizeibericht befanden sich gegen 19 Uhr "etwa 80 bis100 Personen an der Rigaer Ecke Liebigstraße. Durch weiteren Zustrom wuchs die Zahl der Personen auf bis zu 300 an, die gegen 21 Uhr die Kreuzung als auch die Rigaer Straße zwischen der Silvio-Meier- und Samariterstraße blockierten. Durch die Personen wurden Baumaterialien und Holzpaletten auf die Fahrbahn gebracht und angezündet."
Es folgte die übliche Folklore nach bekanntem Muster: Die Polizei versuchte ein Übergreifen der Flammen auf Fahrzeuge und Häuser zu verhindern. Dies wurde von den Freunden der "Langen Nacht" als Versuch gewertet, den Spaß zu verderben. Beamte wurden attackiert, Festnahmen folgten, schließlich löschte die Feuerwehr die Flammen. Die Bilanz laut Polizei: 26 verletzte Beamte, von denen einer seinen Dienst quittieren musste, neun Festnahmen, 19 Strafanzeigen unter anderem wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung, Widerstand sowie Verstoß gegen das Versammlungsgesetz.
Gegen halb drei hat sich die Lage beruhigt. Auf der Kreuzung Liebig- Ecke Rigaer Straße dröhnt ein Generator. Er versorgt Scheinwerfermasten mit Strom, die die Polizei aufgestellt hat, um die ausgefallene Straßenbeleuchtung zu ersetzen. Auf der Straße mischen sich Fußballfans, die zum WM Spiel Elfenbeinküste gegen Japan in die umliegenden Kneipen strömen, mit "Lange Nacht"-Aktivisten, die vereinzelt Böller zünden. Als das Spiel um drei Uhr angepfiffen wird, sind einige Straßenblocks noch für den Autoverkehr gesperrt, doch die Polizei, die mit vielen Fahrzeugen anwesend ist, hält sich jetzt eher im Hintergrund. In der Silvio-Meier-Straße ruft ein Punk in ein Einsatzfahrzeug hinein: "Guten Abend, haben Sie vielleicht ´ne Mark für mich?" Im Mannschaftswagen versteht man erst nicht. "Ob Sie vielleicht eine Mark für mich haben," wiederholt der Mann seine Bitte. "Nein? Na dann wünsche ich noch eine schöne Nacht." Die Elfenbeinküste besiegt Japan mit 2:1.