Baden in Schwaben
Baden in Schwaben ist ja nun so ein Thema. Ich will an dieser Stelle auf die hierzulande mit viel Leidenschaft gepflegte Konkurrenz zwischen Badensern und Schwaben gar nicht erst zu sprechen kommen. Wer nicht aus Baden-Württemberg stammt, würde das ohnehin nicht verstehen.Nein, vielmehr möchte ich über das buchstäbliche Baden im Schwabenland berichten. Mein Freund Micha, Ostalgiker und legendäre Wasserratte aus Berlin-Mitte, hatte bereits bei seinem letzten Besuch in Schwaben vor zwei Jahren bemängelt, dass es von hier aus relativ weit bis zur Ostsee ist (meinen Hinweis, dass dafür das Mittelmeer näher liegt, konterte er mit der Behauptung, dass der Sand nirgendwo feiner sei als in Prerow). Es scheint also ein prekäres Thema zu sein. Grund genug, einmal genauer zu schauen, wie die Schwaben baden.
Baden I
Gestern waren wir im Balinger Freibad. Mangels natürlicher Wasserflächen am Rande der Alb ist dies im Sommer ein guter Ort, wenn man Schwimmen möchte. Das Bad ist frisch renoviert, verfügt über gute Sanitäranlagen, zwei große Rutschen, einen Sprungturm und ein Strudelbecken. Der Rasen ist wohlgepflegt und von der terassenförmig angelegten Liegewiese hat der Erholungssuchende einen ganz allerliebsten Blick auf den Turm der Balinger Stadtkirche.
Wer sich hingegen den zahlreichen Mitmenschen zuwendet, kann doch feine Unterschiede zum üblichen Berliner Badepublikum entdecken. So sind Tattoos hierzulande zwar ähnlich verbreitet wie in der Hauptstadt. Doch bei den Motiven gibt es deutlich andere Schwerpunkte: Ein mittelalter Mann etwa hatte sich die Initialen "INRI" auf den Bauch tätowieren lassen. Das bedeutet so viel wie "Jesus von Nazareth, König der Juden" - bei Lichte besehen schien mir das doch eine etwas plumpe Form der Amtsanmaßung zu sein.
Auf der Wade eines anderen Badegastes prangte das Landeswappen von Baden-Württemberg. Darunter der Spruch: "Schwabe Dank Gottes Gnade". Kommentar von Birgits Mutter dazu: "Bei der Verteilung des Verstandes war der Herrgott dafür net ganz so gnädig mit dem Mann."
Baden II
Am Vorabend waren wir bei einer Freundin von Birgit in Hechingen zum Essen eingeladen. Hechingen ist ein hübsches kleines Städtchen unterhalb der Burg Hohenzollern. Der kleine Fluss Starzel fließt gewöhnlich friedlich durch das gemeinhin ebenfalls meist friedliche Hechingen.
Vor gut zwei Wochen schwoll das Flüsschen nach starken Regenfällen im oberhalb gelegenen Killertal jedoch stark an. Die Folge waren starke Überflutungen. Auch im Haus von Birgits Freundin war der Keller innerhalb kürzester Zeit bis wenige Zentimeter unterhalb der Decke vollgelaufen. Alle Maschinen, Möbel, auch das Auto in der Garage waren ein Totalschaden. In tagelanger Arbeit musste der stinkende Schlamm in Eimern aus dem Keller getragen werden. Starke Gebläse röhren seither, um das Mauerwerk trocken zu legen. Nervige Verhandlungen mit der Versicherung stehen an. Dabei steht das Haus seit über vierzig Jahren an dieser Stelle, ohne dass es je Flutschäden gab. Jetzt kam das Wasser so schnell, dass eine Nachbarin zwei Häuser weiter im Keller ertrank. Die Strömung hatte die rettende Tür zugeschlagen. Gegen das Wasser hatten die Frau und der von oben um Rettung bemühte Ehemann keine Chance.
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